Um mal ein Missverständnis aus der Welt zu schaffen: Conversion Optimierung kann ohne Marketing nicht leben. Marketing ist auch nicht böse – im Gegenteil – Marketing sorgt dafür, dass wir den nötigen Nutzerstrom erhalten, um diesen effizient zu konvertieren. So oder so ähnlich könnte man es beschreiben. Es geht also darum, nicht nur die richtigen Dinge zu tun, sondern die Dinge richtig zu tun. Das ist übrigens der Unterscheid zwischen Effektivität und Effizienz. Unlängst schrieb der werte Kollege Gabriel Beck in diesem Zusammenhang über Dinosaurier: Viel Traffic auf die Website schaufeln ist irgendwie effektiv, CRO aber ist effizient
Neulich hatte ich eine Diskussion mit meinen Kollegen zum Thema Neuromarketing. Dabei ging es um die Frage, was Neuromarketing eigentlich wirklich leistet. Wo passieren häufig Fehler und wo liegen eigentlich die Grenzen – sowohl fachlich als auch ethisch und moralisch? Welchen Teil trägt also Neuromarketing in der Orchestrierung der Conversion-Optimierung bei und wo überschreiten wir möglicherweise die Grenze hin zur Manipulation?
Was bedeutet eigentlich Neuromarketing?
Neuromarketing geht auf die Wertewelten von Instruktionen (die drei Instruktionen nach Dr. Hans-Georg Häusel) ein. Einfacher gesagt, wir versuchen den Menschen, welcher hinter dem abstrakten Begriff „Nutzer“ steht, zu verstehen. Ja richtig, es geht nämlich immer um Menschen. Geschöpfe, die Emotionen und Verhaltensweisen in sich tragen und darauf basierend Entscheidungen fällen. Neuromarketing ist also eine Form von Marketing, die gezielt versucht, Kunden effizient anzusprechen.
Wir wissen also im besten Falle genau, wen wir ansprechen wollen (und natürlich auch, wen nicht). Mit Hilfe von Neuromarketing versuchen wir nun Methodiken einzusetzen, die mentale Konzepte oder Ziele entweder direkt „erwischt“ oder zumindest aktivieren kann.
Welche Fehler werden am häufigsten gemacht?
Die meisten Maßnahmen werden entweder aufgrund von Theorien oder Annahmen oder rein zahlenbasiert getroffen. Es werden also Heuristiken angelegt oder Ergebnisse aus der Marktforschung. Daraus resultiert die Entwicklung von rein datenbasierten Theorien. Doch was bewegt den Nutzer? Wie lauten seine Bedürfnisse, wo liegen seine Ängste, was demotivert und was begeistert ihn? Welche Emotionen bewegen die Nutzer also bei Kaufentscheidungen oder Entscheidungen für eine Marke?
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass alle Maßnahmen mit Hilfe von Neuromarketing auch quantitativ validiert werden müssen. Zum Beispiel durch A/B-Tests
Soweit so gut, aber das wissen wir doch alles schon.
The next Big Thing: big data
Big Data ist in aller Munde. Doch so „next“ ist das Thema eigentlich gar nicht mehr. Daten werden schon eine ganze Weile – auch in diesem sehr großen Umfang – gesammelt. Man beginnt nur allmählich zu erkennen welches Potenzial dieser Berg an Daten in sich birgt. Denn wir haben eine kritische Masse erreicht, in welcher Menschen ihr Leben komplett digitalisieren. Das bringt uns in die nächste Dimension des Marketings und der Conversion Optimierung.
Jeder Surfer hinterlässt seine Spuren
1. die passive Dimension
Die passive Dimension: Sie bewegen sich höchstwahrscheinlich täglich im Netz. Sie besuchen Websites, Sie informieren sich und lesen Artikel oder Beiträge. Sie sind in Foren unterwegs oder Sie abonnieren News. Sie kaufen online Produkte – wobei – das ist fast schon die Überleitung zu:
2. die aktive Dimension
Sie sind wieder in Foren unterwegs oder bewegen sich in Social Networks. Hier lesen Sie nicht nur, Sie verfassen auch Inhalte. Sie posten Fotos oder kommentieren Posts anderer. Sie verlinken Dinge, die Sie lustig oder interessant finden. Plötzlich bietet Ihnen facebook-Werbung Hundefutter an, nur weil Sie in einem Post kommentiert haben „Ich finde Hunde gut“.
3. Die Interaktionsdimension
Grundsätzlich sollte man meinen, dass heutzutage jeder Internetnutzer mündig genug ist, um einschätzen zu können, was er für die Nachwelt hinterlässt. Doch das ist natürlich nicht richtig. Nun gibt es Menschen, die bewusst ihre eigene Marke aufbauen (siehe Recap von Danny Nauth, Jens Altmann, Human Brand) und ganz gezielt Informationen veröffentlichen und auch gerne Spuren hinterlassen.
Die meisten Nutzer wissen jedoch nicht, welche Folge es haben kann, wenn man bei whatsapp seinem Kumpel ein Bild des eigenen Hundes schickt und plötzlich bei facebook Hundefutter angeboten bekommt. Der Mangel an der sogenannten Medienkompetenz zeigt hier deutlich, dass Menschen ganz unbedacht Dinge schreiben und veröffentlichen, deren Tragweite sie sich gar nicht bewusst sind. In totalitären Staatsformen kann sowas auch ganz schnell nach hinten los gehen.
Die Medienkompentenz ist übrigens unabhängig vom Alter der jeweiligen Zeitgenossen (vgl. Kommission Medienkompetenz)
Was machen wir mit all diesen Daten nun?
Die Nutzung dieser immensen Datenquellen, die User tagtäglich hinterlassen und ständig weiter anhäufen, verführen auf das allersüßeste, um sie beispielsweise für effiziente Conversion Optmierung in Zusammenarbeit mit Neuromarketing einzusetzen. Was gibt es effektiveres als „echte“ Nutzerdaten maschinell zu bewerten, um dann den perfekten Verkauf hinzulegen?
Wo fängt die Verwendung dieser gesammelten Daten also an moralisch und ethisch bedenklich zu werden? Und welche Fallstricke ergeben sich dann wiederum: Vielleicht werden Nutzer plötzlich misstrauisch, weil sie die gegebenenfalls optimale Passung von Surfverhalten und Angebot nicht verstehen oder nachvollziehen können. Wie sehr dürfen User „ausspioniert“ werden, um sie dann letztlich zu unmündigen Käufern zu machen – denn sie merken ja gar nicht, wie Ihnen geschieht – Stichwort Permission Marketing. Zugegeben, das ganze klingt irgendwie sehr nach Verschwörungstheorie; aber das wurde dem Neuromarketing ja auch schon vorgeworfen
Fazit:
Gerade in unserer Gegenwart ist es schwierig, Menschen unwissentlich zum perfekten Ergebnis lenken zu wollen. Der Umgang mit den eigenen Daten ist sensibel und dass dies ein Thema der Verhältnismäßigkeit ist, das weiss auch unsere Kanzlerin Angela Merkel. Auch wenn das scheinbar im Gegensatz zu dem steht, was wir größtenteils auf Facebook finden. Addiert man noch aktuelle Themen wie PRISM bzw. Tempora oder schon etwas älter – den Sony Playstation-Datenskandal – stellt sich die Frage, in wie weit die Nutzung dieser „geheimen“ Datenstränge schon in Richtung Manipulation des Konsumenten führt. Oder ist der Mensch einfach immer noch zu unberechenbar, so dass wir uns eigentlich keine Gedanken machen müssen? Achja, wer hat eigentlich behauptet, dass all diese Daten fehlerfrei und vor allem wertvoll sind?
Ich freue mich auf eine anregende Diskussion.
Weiterführende Links:
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